Eigentlich darf ich mich über so etwas gar nicht beschweren, denn ich wohne nah an der Schule und kann jeden Morgen zu Fuß laufen, doch wenn man mal etwas nebenher erledigt wird man auch in Hamburg immer wieder mit Verspätungen konfrontiert. Aber vielleicht kann man sogar aus denen einen Vorteil ziehen?!
Ich spreche von letztem Samstag, neben der Schule bin ich Synchronsprecherin und kann an manchen Wochenenden immer ein wenig quatschen. Samstag war so ein Termin und ich fuhr nach der Schule seelenruhig nach Wandsbeek zu einem kleinen Studio. Ich war bereits einige Male da und ich wusste, dass ich nur kurz da sein würde, da ich nur für ein paar wenige Takes (Szenen) kommen sollte aber da alle dort sehr nett sind bin ich voller Vorfreude dort hingefahren. Erst mit der U3 bis Rathaus, von dort aus musste ich bis Jungfernstieg laufen um in die U1 zu steigen, denn an Wandsbeek Markt sollte ein Bus auf mich warten. Falsch gedacht, denn alle Busse die zu meinem Ziel fuhren hatten Verspätung. Ich dachte es sei ein schlechter Scherz, denn eigentlich klappt es mit den Bussen und Bahnen hier in Hamburg doch ganz gut. Ich muss dazu sagen: Ich komme aus Köln und da fahren die S-Bahnen nicht wie hier alle 5, sondern wenn man Glück hat alle 20 Minuten, woraus meist 30 werden. Auch die U-Bahnen fahren im 10 bis 15 Minutentakt, weshalb man in Köln immer mehr Zeit einplanen musste um vom einen zum anderen Ort zu kommen. Ich wartete also 15 Minuten auf den Bus, kam allerdings noch rechtzeitig an und dachte mir: „Jetzt kann es nur noch bergauf gehen!“ 🙂
Auch in dieser Vermutung hatte ich mich geirrt, denn ich wurde mit einer ganz besonderen bisher unerforschten Spezies bekannt gemacht. Kaum öffnete sich die Studiotür überkam mich ein wildes Geschnatter. Da ich ja eine sehr junge Stimme habe, spreche ich meist jüngere Kinder oder Mädchen, die weit unter meinem Alter liegen. Heute war ich nicht die einzige die da war, da einige Takes in Gruppen aufgenommen werden sollten, mit anderen „Kindern“. Diese waren aber tatsächlich, nicht wie ich 20, sondern 10-15 Jahre alt, alles Jungs. Insgesamt waren 4 davon anwesend, jeder mit Begleitung. Und hier komme ich auf diese neue unerforschte Art zu sprechen. Ich nenne sie einfach: „Synchronmütter“.
Mütter, die ihre Kinder zum Sprechen begleiten, dabei aber vergessen, dass diese auch selbst kommunizieren und auf gestellte Fragen antworten können. Auch sind sie sich des Alters ihrer „Jungen“ nicht bewusst. Ich fühlte mich also von der ersten Sekunde etwas, nun ja fehl am Platz, denn es wurde über Schulwechsel von Grundschule auf Gymnasium und sich neu bildende Fahrgemeinschaften diskutiert; Profilklassen und Schulwechsel aufgrund mangelnder AG Angebote. Es wurde sogar behauptet, wie schön es doch sei, mit allen hier zusammen zu sitzen, es wäre ja wie beim Mutter-Kind-Treff. ^^ Daraufhin wurde ich komisch angeschaut, denn ich war ja ohne Begleit-Mama aufgetaucht in dem allgemeinen Unwissen, dass ich bereits seit 2 Jahren volljährig bin und studiere. Innerlich habe ich auf den Moment gehofft, indem ich gefragt würde, wo denn meine Mama sei, denn ich hatte die entsprechende Antwort parat: „Ach wissen Sie, ich kann schon alleine Bahn fahren.“ Endlich öffnete sich die Tür und Regisseur und Tontechniker kamen um uns ins Aufnahmestudio zu begleiten. Lukas, der älteste der Jungs, ich schätze 15 bis 16 Jahre alt, war leider falsch bestellt worden, da seine Stimme aufgrund des Stimmbruchs schon zu tief war und er nun in die „Kinderrige“ nicht so recht passte, später Aufnahmen mit zwei Jugendlichen stattfinden sollten, wo ich eine davon sein sollte, seine Stimme dafür jedoch noch zu jung war. Bevor Lukas auch nur ansatzweise reagieren konnte, sprang Spezies 1 empört auf und wollte voller Stolz das Können ihres Sohnes in die Welt krakeelen: Wie Lukas ist falsch bestellt? Das macht überhaupt nichts!!! Lukas kann noch einen Kleinen spielen und die Großen bekommt er auch hin. Der Lukas schafft das schon, der Lukas macht das ja schon sooooo lange!“ In dieser Nacht habe ich von Lukas geträumt, es muss daran gelegen haben, dass dieser Name innerhalb von 5 Sätzen gefühlte 100 mal gefallen ist. Lukas bekam also seine Chance und durfte den großen Jungen spielen. Nach 10 Minuten war ich schon fertig und machte mich amüsiert über diese neue Art auf den Heimweg. Ich lief zur nächsten Bushaltestelle, schaute auf den Plan und musste feststellen, dass ich den Bus um 2 Minuten verpasst hatte und der nächste sollte erst in 20 Minuten fahren. Also machte ich mich auf den Weg zu einer in der Nähe liegenden, wo 2 andere Busse in dieselbe Richtung fuhren, ein Fußweg von ca. 8 Minuten. Dort an der Ampel angekommen, fuhr der Bus vor meiner Nase weg. Enttäuscht und mit dem Wissen, dass der nächste auch hier an einem Samstag erst wieder in 20 Minuten kommen sollte, machte ich mich wieder auf den Rückweg zur anderen Haltestelle, denn ich hatte jetzt ja laut Plan noch 10 Minuten um den nächsten Bus zu bekommen. Dort angekommen der Schock. Wie ich verzweifelt feststellen musste, hatte ich auf den Sonntagsplan geschaut und den Bus, wenn ich 3 Minuten gewartet hätte, bekommen. Jetzt musste ich hier also wieder 15 Minuten warten, wobei ich bei der anderen Bushaltestelle, den Bus schneller bekommen würde – meinen angestauten Ärger konnte ich nicht mehr zurückhalten und ich rief auf dem Weg von Bushaltestelle 1 zu 2 meine Mutter an um ihr diese ganze Aktion mal zu erzählen. Doch statt tröstender Worte durfte ich mir einen 5 Minuten Lachanfall anhören, und das Telefonat endete mit dankenden Worten meinerseits, dass ich seit ich fürs Radio und Kino/Fernsehen spreche eigens entscheiden durfte was und wann ich es sage, denn auch meine Eltern haben mich ja früher zu solchen Terminen immer begleitet. Als ich nun endlich im Bus saß freute ich mich, schnell nach Hause zu kommen, doch was könnte diesen Tag besser toppen, als ein Schienenersatzverkehr? Die U3 fährt jetzt erstmal nicht zwischen Rathaus und Kellinghusenstraße. Da stand ich also am Rathausmarkt und nach einem kurzen Verschnaufen lief ich schließlich zum Jungfernstieg um die S Bahn nach Hause zu nehmen. Was für ein Tag – und das alles nur, weil ich klein bin und jünger aussehe und eine helle Stimme habe? Auch wenn ich vor 1 Woche im Beisein meiner Eltern gefragt wurde, ob ich denn schon über 14 sei… ich glaube ich werde keine Nachteile haben 🙂 Natürlich werde ich bestimmt in dem Beruf zu Anfang in eine Schublade gesteckt und die ersten Jahre immer die kleinen süßen Mädchen spielen, aber das macht mir ja auch Spaß und später kann ich dann ja allen zeigen, dass ich auch andere Rollen spielen kann, warum nicht mal die eingebildete, blöde Kuh, oder die fiese Intrigantin?! Ich hoffe jedenfalls, dass mir mein Aussehen in meinem anstrebenden Beruf nur von Vorteil sein wird, denn vielleicht sehe ich ja, wenn ich jetzt mit 20 noch wie 14 aussehe, mit 40 noch aus wie Ende 20 😀 Das wär doch was!!! Von daher bleibe ich einfach cool, wenn ich wieder mal zu hören bekomme, ist das deine kleine Schwester? oder in der Diskothek an meinem Ausweis hantiert wird, da alle denken er sei ein Fake, oder wenn es heißt: „Ach, du bist einfach nur süß“ 🙂
Habt einen schönen Abend,
Céline