Im Musicalgeschäft kann man nie erwarten, dass irgendetwas gerecht ist. Die einen trainieren sich fast kaputt, und gehen viel zu lange leer aus. Die anderen nehmen einiges in der Branche viel zu leicht, haben manchmal nicht mal eine Musicalausbildung und Sahnen voll ab.
Ich habe mich auf jeden Fall für die von uns gefreut, die hart arbeiten deswegen auch bei der Tanz der Vampire Audition eine weitere Runde aufgestiegen sind.
Doch ist es interessant zu beobachten, die unterschiedlich es für jeden gehen kann. Einige tanzen erst, seit sie an der Academy sind. Für sie ist jede Bewegung eine kleine Qual und jeder Schritt ein beherztes Stück Konzentration. Neben ihnen stehen dann diese, die seit ihrem fünften Lebensjahr tanzen und vieles längt im Schlaf können, ohne auch nur im geringsten darüber nachzudenken. Aber das ist ja auch ganz normal. Der Körper entwickelt sich ja ganz anders, wenn er sich schon an die Tanzbelastung gewöhnt hat, eh er voll ausgewachsen ist. Sich die Beweglichkeit und das Tanzverständnis im Nachhinein anzutrainieren, ist dann ein schwerer Schritt. Zumal man auch einen gewissen Zeitruck hat. Aber ungerecht kann man das an der Stelle gar nicht nennen. Derjenige, der schon länger tanzt ist ja zurecht im Vorteil und darf dieses für seine Karriere nutzen. Es kommt ja auch keiner auf die Idee rumzuschreien: „Ich habe Zahnschmerzen und ich finde es ungerecht, dass ihr alle daran gedacht habt jeden Tag Zähne zu putzen.“
Der Tanzanfänger kann ja mit genug Ehrgeiz viele nachholen. Nur weil man nicht als Gepard geboren ist, heißt das ja noch lange nicht, dass man nicht auch schnell laufen kann. Es steckt nur mehr Training dahinter.
Im Endeffekt kommt es jedem Jurymitglied ja auch immer auf etwas anderes an. Vielen reicht der erste Eindruck. Es reicht also, in vor die Jury zu treten, zu lächeln, oder eben nicht, richtig angezogen zu sein und zu strahlen, oder eben nicht. Oder man kann sich nicht so gut Bewegen, dafür kann man mit der eigenen Stimme Häuser zum beben bringen. Oder anders herum. Vielleicht kann man aber auch alles, aber bekommt nicht genug Chancen es zu zeigen. Oder es gibt schlichtweg keine Rolle die auf jemanden der alles kann passt. Oder man kann wenig. Und die Jury ist höchst interessiert. Jedes Jurymitglied hat andere Schwerpunkte. Und diese können sich von Rolle zu Rolle und von Produktion auch noch ändern. Von der Jurybesetzung ganz zu schweigen.
So stellen wir also fest: Der Beruf des Musicaldarstellers ist sehr Facettenreich und nicht besonders leicht. Man kann sich nicht einmal endgültig auf den Beruf vorbereiten. Das kann keine Ausbildung und keine Schule. Überhaupt, ist man als Künstler sicherlich nie fertig ausgebildet. Der Bildungs- und Formungsprozess geht immer weiter. Auch gibt es hier keine Extraportionen Glück. Wir werden auch sicherlich nirgendwo bevorzugt.
Eines kann die Academy aber: Uns so weit wir möglich auf den Ernst der Branche vorbereiten. Uns so weit vorbereiten, dass wir uns selbst bei den schlechtesten Bedingungen am besten präsentieren. Auch wenn es alles andere als unser Glückstag ist, die Jury schlecht gelaunt ist, wir eine leichte Erkältung haben und einen angeknacksten Zeh: Vielleicht klappt es ja trotzdem. Wir sprechen/singen/tanzen für eine Nebenrolle vor und aus irgendeinem Grund kommt die Jury in der Nachbesprechung uns noch einmal einzuladen und zwar für das Cover der Hauptrolle.
Passieren kann vieles. Und ich glaube wir sind alle gespannt was noch kommt. Aber für uns ist gerade mal der 238. Tag der Ausbildung verstrichen. So haben wir noch viel viel Zeit bevor es für uns dermaßen ernst wird.
Trotzdem macht sich der eine oder andere schon Gedanken. Besonders wenn wir an einem Tag den „alten“ Tarzan in seiner Freizeit in der Stadt beim Bummeln begegnen, und gleich danach Alexander Klaws, dem neuen Tarzan nach seinen Proben für seine Premiere. Es sind so viele Wege möglich.
Ich bin Gespannt, wie sie aussehen werden. 🙂