Befreiungsschlag – Tanz dich frei.


Wie man ja bereits in meinem letzten Eintrag herauslesen konnte, fasziniert mich das Zwischensemester irgendwie. Dass ich leicht zu begeistern bin, würde ich daraus jetzt nicht unbedingt schließen, aber mich interessieren gewisse Umstände, die einen weiterbringen und man das meist erst nach Geschehenem bemerkt. Irgendwann als Kind wollte ich mal Psychologe werden…vermutlich kommt dafür das Interesse für das Ticken eines Menschen. Ich schweife ab…eigentlich wollte ich auf etwas anderes hinaus.

 

Bevor ich die Ausbildung begann hatte ich ca. ein Jahr lang regelmäßig zum ersten mal in meinem Ballett Unterricht und bei Jazz-Workshops. Vorher war es mehr Hobby, als je richtig ausgeübt. Leider. In den letzten anderthalben Jahren der Ausbildung habe ich meinen Körper durch das intensive Training neu kennengelernt. Man erreicht Dinge, die vorher unrealistisch wirkten. Die Beine fliegen irgendwann und man ist plötzlich biegsam. Das alles ist natürlich mit Geduld zu genießen, denn beispielsweise den ersten „Schub“ in Sachen Stretching bemerkte ich ca. ein halbes Jahr nach Beginn der Ausbildung. Und in diesem halben Jahr habe ich mich täglich gestretched…das ist schon eine ganz schöne Zeit, in der der Körper sich formt und verändert. Nun bin ich im zweiten Jahr und frage mich manchmal, ob es sich noch mehr verbessert oder teilweise stagniert. Klar, da sich der Anspruch ständig mit einem mitbewegt, ist es manchmal schwer Revue passieren zu lassen und zu sehen, was sich verbessert hat. Für mich war das letzte Semester tänzerisch beispielsweise wie eine Art Befreiungsschlag. Im ersten Jahr liegt das Hauptaugenmerk, verständlicher Weise, auf dem Aufbau der Grundmuskelgruppen und des Verständnisses für immer wiederkehrende Figuren/Bewegungen/Schritten. Die Choreographien sind darauf ausgelegt, die erlernte Technik zusammenzufügen und mit Ausstrahlung zu bestäuben. Wenn ich jetzt manchmal an die erste Zeit zurückdenke und wie unsicher und zurückhaltend ich tänzerisch war, muss ich schmunzeln und bemerke sofort, was sich verändert hat. Ich bin mutiger geworden und schäme mich nicht mehr davor, Fehler zu machen oder Dinge zu riskieren, die vermutlich nicht funktionieren werden & schaue mich selber im Spiegel an. Zu Beginn habe ich das auch eher selten gemacht und immer ein wenig über den Kopf hinausgeschaut. Befreiungsschlag war dieses Schuljahr tänzerisch also, weil es einen großen Schritt weiter geht, nicht nur einen. Als Schüler wird man etwas von der Hand gelassen und bekommt viele Dinge in die eigene Verantwortung gelegt, aber wird gerade noch genug unterstütz, um an manchen Dingen evt. nicht zu verzweifeln. Zunächst konfrontiert das einen stark mit sich selbst und man muss sich dem wohl oder übel stellen, um voran zukommen und mit sich selbst zusammenzuarbeiten. Wöchentlich lernen wir neue Choreographien, um unser „Pick-Up“ (Aufnahmefähigkeit) zu trainieren und zu lernen, wie wir uns eine Kombi schnellstmöglich am effizientesten merken. Das ist auch ein Faktor, an dem ich meine Entwicklung festnagel. Früher dachte ich mir, dass ich genau daran arbeiten müsse, weil es manchmal zu lange dauerte, rechts und links auseinanderzuhalten etc. Und dann im Laufe der letzten Semester habe ich mein ganz individuelles System entwickelt, dass ich ehrlich gesagt gar nicht auseinanderfädeln könnte. Automatisch achte ich auf Dinge, die mir evt. schwer in den Kopf gehen könnten. Beispielsweise versuche ich mir sofort zu merken, welches Bein oder welcher Arm beginnt und dann ein Gefühl für den ganzen Bewegungsablauf zu bekommen. Meistens hilft es mir auch, den Dozenten oder die Dozentin zu beobachten, um den Groove und Fluss der Bewegungen nachvollziehen zu können. Dann versuche ich das ganz simpel zu imitieren und, wenn ich diesen Fluss dann einmal habe, dann mache ich es zu meinem eigenen. Das klingt höchst wissenschaftlich, passiert aber erstaunlicher Weise mittlerweile von ganz allein und recht zuverlässig fix. Auch in Sachen Warm-Up weiß ich mittlerweile, was mein Körper braucht und so kann ich mich vormittags nun selber auf die Tanzklasse vorbereiten und mich eine gute halbe Stunde vorversorgen.

 

So viel zum Thema der Körperwahrnehmung und des Geheimnisses des Tanzens: „Wie habe ich mich entwickelt?“.

 

Euch ein schönes nahendes Wochenende!
Euer Dominik

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