Flexibilität, emotionale Durchlässigkeit und die Sache mit diesen Impulsen…


Ihr Lieben,

nachdem es für uns im ersten Semester ja zunächst mit der „Meisner“-Technik und „Schauspielimpro“ losging, haben wir nun auch das Fach „Schauspiel Basics“.

Hier beschäftigen wir uns zurzeit vor allem mit der Verbindung von Emotionen und bestimmten Körperhaltungen, bzw. Bewegungen.

In der ersten Stunde haben wir beispielsweise von einem Partner eine bestimmte Körperhaltung bekommen, die dieser im Alltag gerne einnimmt. Meine Partnerin war Charlotte und sie steht gerne mit dem Gewicht auf beiden Beinen, etwas mehr als hüftbreit, etwas ausgedreht und mit an den Hüften eingestützten Armen.
Diese Haltung hat sie dann bei mir geformt, indem sie meinen Körper bewegt hat, als wäre ich eine Skulptur (also ohne Erklärungen). Und aus dieser Körperhaltung heraus sollte dann eine Figur entstehen.
Wir sollten herausfinden wie diese Figur wohl fühlt, läuft, mit anderen agiert, etc.
Das war total lustig, da man in manchen Momenten den Partner von dem die Körperhaltung stammte total erkennen konnte. Und vor allem hat man sich selbst auch (natürlich etwas überzogen) in vielen Situationen wiedererkannt…
Aber ganz allgemein war es erstaunlich wie viel einem eine einzige Körperhaltung über eine Figur verrät…

In einer anderen Stunde hat jeder von uns ein Foto bekommen und wir sollten (wieder in Paaren) dem jeweils anderen erklären was auf diesem Foto zu sehen ist.
Allerdings nicht einfach müdlich beschreiben welche Farben, Formen, etc. zu sehen sind, sondern durch Verformung des Körpers des jeweiligen Partners und Geräusche etc. versuchen das Bild im Kopf des anderen entstehen zu lassen…und das möglichst genau!
Zudem sollte derjenige, dem das Foto gerade erklärt wird die Augen schließen und lediglich hören, fühlen, …
Anschließend musste jeder beschreiben, was auf dem Foto des Partners zu sehen ist, während alle anderen das Foto ansehen durften.
Und es war soooo erstaunlich wie viel von den Eindrücken und Beschreibungen tatsächlich stimmte. Gerade Dinge wie Farben, Lichtverhältnisse, …scheinen im ersten Moment ohne Worte ja unmöglich darstellbar…und dennoch hat es komischerweise funktioniert. Das war total faszinierend!
Vor allem auch wie wichtig kleinste Details für unsere Interpretation einer Sinneserfahrung sind. Meine Partnerin wollte mir z.B. erklären, dass auf ihrem Foto ein Mann mit einer Glatze abgebildet ist. Dafür hat sie meine Hand genommen und zuerst auf meinen Kopf gelegt und anschließend auf mein Dekolte , da sie mir „nackte Haut“ symbolisieren wollte. Fühlt man diese beiden Körperstellen jedoch in dieser Reihenfolge, so habe ich interpretiert, dass die Person auf dem Foto Brustbehaarung hat. Als ich das dann im Anschluss genau so beschrieben habe hat sie sich natürlich vor lachen kaum mehr eingekriegt, aber sie hat auch sofort verstanden warum ich zu diesem Schluss kam. Hätte sie mir die Hand zuerst auf mein Dekolte gelegt und dann auf den Kopf hätte ich vielleicht „richtig“ interpretiert was sie mir sagen wollte…winzige Kleinigkeiten können also wirklich ALLES verändern.

Wir vermitteln mit unserem Körper allgemein soo viele Informationen an den Zuschauer, sei es über unseren Charakter, unsere Emotionen, etc. und andersherum gesehen kann uns unser Körper ebenfalls soo viele Informationen vermittlern, wenn wir nur unseren Impulsen vertrauen.

Ja…und das ist immer so eine Sache: Vertraue „einfach“ auf deine Impulse!…hört sich doch ganz einfach an…
Wäre da nicht dieses kleine Männchen in unseren Köpfen, dass rund um die Uhr jeden „Impuls“ bewertet und gegebenfalls die in Reaktion auf diesen Impuls folgende Bewegung, oder das auf den Impuls folgende Wort zensiert.
In diesem Moment wird unsere Kreativität total eingeschränkt, da wir unser Gehirn bzw. mehr noch unsere Intelligenz allein über unser Handeln entscheiden lassen.
Und obwohl wir das wissen, können wir dieses kleine Männchen nicht einfach von einem Moment auf den nächsten ignorieren, sondern müssen Stück für Stück herausfinden, wie wir es in bestimmten Situationen abstellen, oder zumindest überhören können.

Eine Sache die dabei für den Anfang ganz gut hilft ist die Entspannung…Lockerheit und Flexibilität sind das A und O für die „emotionale Durchlässigkeit“.

Eine super Übung, um seine Flexibilität zu überprüfen ist:
Man steht in der U-Bahn und hält sich ganz bewusst nirgendwo fest…weder während der Fahrt, noch beim Bremsen. Jetzt denkt man natürlich: Klar, wie soll das denn funktionieren? Aber die Wahrheit ist: Es ist gar kein Problem! 🙂 Wirklich!
Der Trick ist einfach sich nicht stocksteif zu machen, sondern dem Körper zu erlauben sich zu bewegen, wenn die Bewegung der Bahn ihn „bewegt“. Beim Bermsen erlaubt man seinem Körper beispielsweise in die Fahrtrichtung auszuweichen und in einer geschmeidigen Bewegung wieder aufrecht zum stehen zu kommen…dazu noch ein guter Stand und es kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Und hat man doch das Gefühl sich festhalten zu müssen, dann war man wohl einfach nicht felxibel genug 😉 …dann heißt es: Nur Mut! Und üben! üben! üben! So braucht ihr euch also nicht wundern, wenn ihr in nächster Zeit am „Baumwall“ vorbeikommt und eure Mitfahrer dort seltsame Dinge erleben, da ihr ja jetzt bescheid wisst was es damit auf sich hat… 😉

Und jetzt zu dieser „Emotionalen Durchlässigkeit“…Was soll das denn überhaupt sein? Es bedeutet eigentlich nichts anderes, als das wir unsere Gefühle durch unsere Körper-/Sprache dem Zuschauer direkt und rein vermitteln können, ohne durch typische „Posen“, oder sonstiges zu versuchen ein Gefühl zu „spielen“. Dies wäre total unglaubwürdig und vor allem auch unpersönlich. Jeder von uns reagiert schließlich komplett verschieden auf ein und dieselbe Situation. Nicht jeder verschränkt beispielsweise wenn er sauer ist die Arme, oder rollt die Augen wenn ihn etwas nervt, etc. (ganz einfach gesagt).
Hier beginnt genau das war einen Darsteller individuell und interessant macht (natürlich ohne „privat“ zu werden). Oft blockieren uns solche äußerlichen Vorstellungen von einer Emotion, oder wir brechen eine gerade entstehende Bewegung ab, anstatt sie komplett und mit unserem ganzen Körper zuende zu führen, da eben unser kleines Männchen im Kopf sagt: Nein, das ist FALSCH!
Und dabei kann von richtig und falsch beim Schauspiel ja zunächst gar nicht die Rede sein! Unabhängig davon, ob der Impuls eines Darstellers im Kontext einer Szene „passend“ ist…ist zunächst vor allem einmal wichtig dass ein Schauspieler Handlungen nicht nur halb anzudeutet, sondern auch wirklich zuende führt damit die Figur die er verkörpert auf den Zuschauer authentisch und „echt“ wirkt. Hebt man beispielsweise seinen Arm und lässt ihn dann unkontrolliert wieder fallen, so wird sich infolge dessen auch der Rest des Körper, wie z.B. der Kopf bewegen, da er wenn man entspannt ist durch die Erschütterung mitschwingt. Tut er dies nicht, so ist die Bewegung unvollständig und man erkennt sofort, dass der Darsteller sie nicht mit voller Überzeugung ausführt.

Und um das kleine Männchen in unserem Kopf zu überlisten haben wir zunächst folgende Übung gemacht:
Eine Person beginnt eine sich ständig wiederholende Bewegung zu machen bis einer der Kollegen in die Hände klatscht. Sobald die Person den Klatscher hört muss sie sofort in eine andere Bewegung übergehen, die sie dann wieder solange wiederholt bis ein anderer Kollege klatscht.
Das Gute dabei ist, dass die Person, die die Übung ausführt je unerwarteter die Klatscher hintereinander kommen nicht mehr die Zeit hat eine neue Bewegung vorzudenken, oder über die beim Klatscher entstehende Bewegung zu urteilen und sie daher noch nachträglich zu verändern und „besser“ zu machen, da er die Bewegung sofort identisch wiederholen muss, anstatt sie nochmals abzuändern.
Das klappt meist erst nach einiger Zeit und es ist total interessant wie man plötzlich ganz genau sieht wann jemand seinem Impuls traut und einfach tut was sein Körper gerne tun möchte und wann jemand über seine Bewegung nachdenkt, bzw. urteilt.
Und es ist erstaunlich wie man plötzlich an Ausstrahlung und Präsenz gewinnt, sobald man sein kleines Männchen im Kopf außer Acht lässt…

Und damit werden wir uns wohl in nächster Zeit noch intensiver beschäftigen…ich bin gespannt! 🙂

 

Jetzt wünsche ich euch aber zunächst einmal eine tolle Woche, meine Lieben!
Vielleicht treffe ich den einen oder anderen von euch ja in der U-Bahn… 😉

Alles Liebe,
eure Luisa

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