Eine Kindertragödie auf dem Jungfernstieg


Gestern war also der große Tag, auf den wir alle gewartet hatten. Nach nur drei Wochen Vorbereitung durften wir unser Programm aus dem Musical „Spring Awakening“ auf der Bühne am Jungfernstieg innerhalb der Hamburger Theaternacht zeigen.

„Spring Awaknening“, zu deutsch „Frühlingserwachen“ ist eine Adaption des gleichnamigen Bühnenstücks von Frank Wedekind und trägt den Untertitel „Eine Kindertragödie“. Wedekind beschreibt in seinem Stück die Umstände in denen Jugendliche Ende des 19. Jahrhunderts Leben mussten. Vor allem bezieht er sich auf das „Erwachen“ der Sexualität in einem jungen Menschen und macht deutlich, mit welcher Härte die damalige Gesellschaft beziehungsweise die Erwachsenen gegen dieses Erwachen vorgegangen sind. Frei nach dem Motto: „Das glänzendste Geschäft in dieser Welt ist die Moral (Wedekind). Beispielsweise gibt es Wendla und Melchior, die zum ersten Mal miteinander schlafen. Wendla wurde jedoch nie aufgeklärt. Sie deutet ihre nachfolgende Schwangerschaft als Krankheit fehl und wird schließlich von ihrer Mutter zur Abtreibung gezwungen, die sie nicht überlebt. Melchior hingegen wusste genau was er tat, denn er hatte genaue Recherchen über die Fortpflanzung des Menschen angestellt. Als er jedoch diese Informationen für seinen besten Freund Moritz zu Papier bringt, begeht dieser Selbstmord und Melchior wird in eine Zuchtanstalt für unartige Kinder verbannt. Das Musical zum Drama wurde fünf Jahre lang entwickelt und feierte 2006 am Off-Broadway Premiere. Die Musik stammte von Duncan Sheik, die Texte wurden von Steven Sater verfasst. Für die Choreographie war Bill T. Jones verantwortlich. Das Musical wechselte noch im selben Jahr der Premiere vom Off-Broadway zum Broadway und erhielt herausragende Kritiken und zahlreiche Auszeichnung, darunter acht Tony Awards. Im Jahr 2009 wurde die Show im Wiener Ronacher aufgeführt.

http://gutenberg.spiegel.de/?id=12&xid=3046&kapitel=3&cHash=b28bddf3f72

Um 14:30h trafen wir uns zunächst bei der Bühne, um den Sound zu checken und um zu testen, ob die Podeste unserer Sprungkraft standhalten würde.

Die Bühne war dann doch ein bißchen kleiner, als wir gedacht hatten. Zudem gab es kein Geländer, weder an den Seiten, noch am hinteren Bühnenrand. Diese Tatsachen gestalteten unsere Performances bei beispielsweise „Mama who bore me“, „Bitch“ und „Totally fucked“, ich sage mal, etwas brisant.In diesem Nummern standen wir teils auf Stühlen und rockten oder sprangen wie wild auf der Bühne umher. Ehrlich gesagt hätte ich mir schon gut vorstellen können, dass der ein oder andere von uns beim intensiven Head-Banging abschmiert. Jedenfalls musste jeder von uns dem Sicherheitsverantwortlichen persönlich bestätigen, dass wir auf uns aufpassen würden. Neben der Bühnenproblemchen gab es noch eine weitere Herausforderung, die zu bewältigen war: Handmikrofone! Viele von uns hatten zuvor noch nie mit einem Mikro gesungen und wie sich herausstellte, ist das dann doch ein etwas anderes Gefühl:

Da stehen ja schon Leute!? Stimmt ja, o p e n a i r ! Hören die anderen mich? Ich hör mich nicht! Warum ist das Playback so laut? Ah, da muss ich wohl lauter sing…nein, dann bricht die Stimme! Ich hör gar nichts! Oh nein! Wolfram (unsere Tontechniker), wo bist du, ich seh dich nicht! Wie nahe muss ich denn ans Mikro ran? Wie krieg ich denn das Teil aus dem Ständer raus? Schei** jetsft isft an meinen Zfähnen gelandet! Immer schön lächeln!

Letztendlich hatten wir dann aber den Soundcheck überlebt. Ab in die Schule. Proben. Wir sind nochmal komplett durch alle Songs durchgegangen und haben immer wieder Feedback von Perron und Harald bekommen. Gegen 18:55h war jedoch die Konzentration dermaßen auf dem Tiefpunkt, dass wir abbrechen mussten. Wir hatten alle zu wenig Zucker im Blut, regelrechte Löcher habe ich in manchen Bäuchen erblickt. Ja, echt! Vor allem meins war riesig. Wir schleppten uns gen Kantine und da war auch schon reichlich Nahrung angesammelt. Denn unsere liebe Constanze hatte für uns alle Pizza bestellt. Da saßen wir also dann alle und haben unsere Löcher gestopft.s Und irgendwie fing da dann der Countdown zu laufen an. Denn plötzlich hieß es: Wir treffen uns in 30 Minunten zu einer letzten Probe und dann steigen wir in die Taxis und fahren zur Bühne. Also: Duschen, Make Up, Haare, Requisiten ein letzter Durchlauf und L O S !

Und schon standen wir hinter der Bühne und warteten. Und dann, oh Gott, wir sind 10- 15 Minuten früher dran. Alles klar, noch ein letztes Mal Puder und die Anmoderation auf der Bühne läuft.

„Wir sind hier in Hamburg und Hamburg ist ja bekanntlich eine Musicalstadt……die Schüler der Joop van den Ende Academy…….ihr erster öffentlicher Auftritt (puh, das entschuldtigt schonmal einige Fehler)……Musical „Spring Awakening“…….Erfolge in Wien. Wenn da die Leute toben, dann in Hamburg erst recht. Und hier sind sie.“

Er steckt das Mikrofon in einen der Ständer und verlässt die Bühne. Wir stehen aufgereiht auf Position. Das Playback beginnt. Wir gehen auf die Bühne, setzen uns, Madeleine geht nach vorne. „Mama who bore me“. Ging ja ganz gut. „All that’s known“. Beinahe wäre Phillip über meine Füße gestolpert. „Bitch“. Beim Rocken auf dem Stuhl verliere ich kurz das Gleichgewicht. Fange mich wieder. „Junk“. Mein erstes Solo. Ich höre gar nichts. Muss direkt zu der Monitorbox, die am lautesten eingestellt ist. Robin und Jan kommen zu mir, gut, denn wir singen gemeinsam eine Stimme. „Touch me“. Ups, beinahe hätte ich vergessen, den Mikroständer nach vorne zu stellen. Die Bühne ist so klein, dass ich ständig ich Menschen reinrenne. „Dark I know well“. Bitte, bitte, lass mich den Einsatz und den Text wissen.Ich stehe direkt vor der lauten Monitorbox. Ich höre mich gar nicht. Singe ich überhaupt? Bin ich richtig? Egal. Einfach weiter. Hauptsache nicht aussteigen. Der Applaus braucht ein bißchen. Gut. Sie haben verstanden, um was es geht. „Guilty Ones“ klappt. Applaus wieder verzögert. Oh nein, jetzt kommt doch noch ein depressives Lied! Bleibt bei uns! „Left behind“. Warum stehen auf einmal drei Mikroständer vor mir? Das waren doch immer nur zwei! „Totally fucked“. Versuche der Gedankenübertragung: Fabian, nimm Markus‘ Mikro!!!!! Er nimmt es! Puh. Philipp kommt unauffällig und rettet die Mikroleere. Niemand stürzt von der Bühne, als wir komplett ausflippen. „Purple Summer“. Das Playback ist so laut. Ich höre mich nicht und keinen der anderen. Shit. Ich traue mich nicht nahe ans Mikro. Einfach durch. Wir haben trotzdem Spaß. G E S C H A F F T ! Sie klatschen! Große Erleichterung. Wir Verbeugen uns, wollen gehen, da kommt der Moderator und stellt uns Fragen. Ich muss meinen Namen sagen und wie ich mich fühle. Er fragt noch weiter, ich bin schon ganz woanders. Endlich hört er auf zu Fragen. Wir gehen.

Leider wissen wir alle: Wir hätten es besser gekonnt! Naja, nicht drüber aufregen. Jetzt gehen wir erstmal was trinken.

Wir fuhren zurück in die Speicherstadt, zogen uns um und machten uns auf den Weg in den Chilli Club. Dort bestellten wir Cocktails. Perrin und Constanze verkündeten, dass wir in unsere Projektwoche im November noch weiter an Frühlingserwachen arbeiten werden und dass das Kreativteam, dass ihn Wien die Show aufgezogen hat, mit uns arbeiten wird. Wahnsinn!!!

Wir trinken, lachen, erzählen uns Geschichten aus dem letzten Jahr. Haben Spaß. Der Große Tag klingt wunderbar aus.

Danke Perrin, Harald, Wolfram, Constanze und André!

Kommentare in diesem Blog werden nicht öffentlich angezeigt, sondern nur von den Schülern selbst empfangen, gelesen und bei Fragen auch beantwortet.

Kommentar schreiben

Du musst eingeloggt sein , um einen Kommentar zu schreiben.