Ich liege auf einer grün-leuchtenden Wiese und atme die Luft des Sommers. Über mir fliegen Vögel. Ich beobachte, wie die Wolken vorbeiziehen. Ach, wie schön. Und so schön warm und friedlich…..
Doch was war das? Ein komisches Geräusch. So rauschend. Jetzt knallt eine Tür! Im Freien? Nein, kann nicht sein! Ich träume! Ich bin gar nicht in der Natur! Das Rauschen ist die elektrische Zahnbürste meiner Mitbewohnerin ( ein Uralt-Modell). Shit! Sie ist schon wach!? Wie spät ist es??????
Als ich auf die Uhr geschaut habe, war es Punkt 8.00 Uhr. Na toll, verschlafen! Nur gut, dass ich so nah an der Schule wohne. Im wunderbaren Stadtteil St. Pauli, in einer Straße parallel zur Reeperbahn. Zwei Minuten zum Anziehen, eine zum Zähneputzen, schnell einen Euro von der Mitbewohnerin leihen – für ein Franzbrötchen auf dem Weg – und ab aufs Fahhrrad. An dieser Stelle ein kleiner Hinweis für angehende Musicaldarsteller beziehungsweise Leute, deren körperliche Fähigkeiten ihr Kapital ist:
Es ist nicht zu empfehlen, auf dem Fahrrad, im fahrenden Zustand, ein Franzbrötchen zu vertilgen. Schon gleich gar nicht, wenn man bei Nieselregen den Berg von St. Pauli hinunter zum Hafen braust. Dies ist sehr gefährlich und hätte mich heute beinahe um einige Gliedmaßen kürzer gemacht. Ich hatte Glück! Kein Sturz, alles heil! Oz sei dank!
Mit einer kleinen persönlichen Verspätung, bin ich dann auch um 8.17h in der Schule angekommen. An dieser Stelle darf gratuliert werden. Denn das ist, denke ich mal, Rekord. Um 8.00h noch im Bett und in sage und schreibe 17 Minuten (!!!!!!) zur Schule, mit Anziehen und Frühstück!
Wenn ich so darüber nachdenke…..da geht noch was! Das kann noch ausgebaut werden! Theoretisch würde es auch reichen um 8.10h aufzustehen. Dann halt nicht Anziehen und Frühstück, sondern sofort aufs Rad! Das ist schon einer Überlegung wert. Hm. Und sehr lustig, wenn ich dann im Schlafanzug den St. Pauliner Berg hinunter rase und dann Ballett……..
Entschuldigung, ich bin etwas abgeschweift und werde nun meinen Bericht über den heutigen Tag fortsetzen. Ballett also. (Leider) Nicht im Schlafanzug. Anschließend Modern. Und ich muss schon sagen, Modern ist nicht nur förderlich für den Körper, sondern auch für den Geist.
„Remember that you have two arms. Stille I’m getting wiser, ha?“ . Da soll nochmal einer sagen, wir lernen nichts Richtiges an einer Musicalschule!
Nachdem wir also die Anatomie des Körpers etwas besser verstanden hatten, konnten wir dieses Wissen gleich anwenden. Gemeinsam mit dem fünften Semester probten wir an „Voulez vous“ aus Mama Mia. Und das Lied hat ausgesprochen viel mit der menschlichen Anatomie zu tun. Denn was ist das Lied? Es ist Sex. Pur. (Na gut, nicht ganz pur, das wäre ja nicht jugendfrei). Eineinhalb Stunden schmissen wir uns also in sexy Posen, fassten uns an und wechselten immer wieder unsere Partner (ganze drei Mal!). Versaut!
Das war anstrengend! Aber voll toll, weil wir endlich sehen konnten, wo es hin geht. Denn es war das erste Mal, dass unsere beiden Jahrgänge zusammen probten! Das ganze sah auch Abschnittsweise schon gar nicht mal so schlecht aus. Wenn wir es dann noch hinbekommen, neben der Choreografie zu singen, dann wird das der Kracher für unser Weihnachts- Open House.
Nachmittags war dann Monologarbeit angesagt. Das ist ja immer ein besonders spannender Prozess. Mit jedem Monolog fängt man immer wieder ganz von vorne an und macht diverse Stadien durch:
Lesen – Aha.
Die erste Probe – Ja, ich hab verstanden, worauf es hinausläuft, klappt ja ganz gut.
Die zweite Probe – Nicht so gut, wie beim ersten Mal, aber ich habe viele neue Dinge an der Figur gefunden. Juhu, es geht voran.
Die nächsten Proben – (Sie steigern sich zu einem Negativ-Höhepunkt, denn es zu überwinden gilt.) Ich find sie nicht mehr, die Figur. Hatt ich sie überhaupt mal? Panik! Was ist, wenn ich sie bis zur Prüfung nicht mehr finde! Ich bin kein Schauspieler, ich kann nichts! AHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH!
Ich habe so das Gefühl, dass bei mir schön langsam Phase Nummero vier beginnt und hoffe, dass sich ein fünftes Stadium anschließt, das sich dann nennt: Ich hab meine Figur gefunden und kann sie jeder Zeit abrufen!
Naja und nach Schauspiel hatte ich Schluss. Und ich habe beschlossen, den Tag genauso zu beenden, wie er angefangen hat: Im Bett. Gibt es ein Wort für „Besonders-früh- ins-Bett-gehen“? Vielleicht „überschlafen“!? Passt doch ganz gut.
Also, liebe Freunde der Heiterkeit, ich überschlafe jetzt!